UNSER DUNKEL - GOTTES DUNKEL
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt ... (Johannes 3, 16a)
Weihnachten feiern wir das Licht – mitten im Winter. Die Karwoche richtet unseren Blick auf das Dunkle. Auf Unerlöstes – mitten im Frühling. Mein liebster Tag in der Karwoche ist der Karsamstag. Dieser Tag wird so schnell übergangen, dass wir die Tiefe seiner Bedeutung kaum mehr erkennen. Dieser Tag verkörpert den Moment tiefster Verlorenheit und die Abwesenheit von Hoffnung. So wie der Psalm 88, in dem das Dunkle verharrt und keine Wendung zum Leben mehr findet.
Wenn alles zerrissen ist und nur Scherben vor mir liegen. Wenn die Diagnose ausgesprochen ist und mein Leben wankt. Wenn meine Arbeit voller Mühen ist und die Kraft nicht mehr reicht, sie zu bewältigen. Wenn die Flucht gelungen ist und das Leben trotzdem nicht Fuß fassen darf.
GOTT macht sich all das zu eigen. Kommt hinein. Hält mit aus. Die innere Katastrophe. Die Gegenwart des Todes und seiner Vorboten. Die Zumutungen und Ungerechtigkeiten, die Menschen durch anderen Menschen erleben müssen.
Dort, in diesem unfassbaren Dunkel setzt sich GOTT neben uns. Dieser GOTT, der doch Hoffnung ist und Licht, das das Leben ist und für ein besseres Morgen steht.
Dieser GOTT lässt alles, was ihn ausmacht, los, um uns da nah sein zu können, wo all das gerade nicht ist. GOTT teilt unsere totale Verlassenheit, unser Ausgeliefertsein, unsere Hoffnungslosigkeit. GOTT folgt uns dahin, wohin uns niemand sonst folgen kann und mag. So sehr liebt GOTT diese unsere Welt.
GOTT verzichtet auf den magischen Handstreich, dass sofort oder überhaupt alles gut wird. GOTT nimmt uns die geistliche Pflicht, trotz allem immer Mut und Hoffnung bewahren zu müssen. GOTT kommt einfach zu uns ins Elend.
Dieser GOTT setzt sich neben mich und hält mit mir aus. GOTT ist da.
Ich bin eingeladen, mich anzulehnen.
(Eine Andacht von Dina Maria Dierssen, Diakonin und Geschäftsführerin EFW)